Eigentlich bin ich ein sehr privater Mensch.
Aber heute möchte ich dir drei wahre Geschichten erzählen, die sich in den letzten zwei Wochen in meinem Leben ereignet haben.
Diese Geschichten machen mich unglaublich wütend
und traurig.
Aber das Schlimmste an ihnen ist:
Sie sind nicht einzigartig.
Diese Dinge passieren im Moment überall hinter verschlossenen
Vorhängen und sie haben fatale Folgen.
Wenn Du Mutter oder Vater bist oder gerade junge Leute beim Erwachsenwerden begleitest oder selbst gerade (online) datest, dann lies bitte unbedingt weiter.
Lass mich direkt starten...
Geschichte 1:
Eine Freundin ruft mich heulend an:
„Ich kann nicht mehr. Ich glaube, ich gebe Männer auf.“
Was war passiert?
Sie hatte einen Mann auf Tinder kennen gelernt.
Die beiden schrieben eine Weile hin und her und trafen sich schließlich in einer Bar.
Der Alkohol floss nicht gerade spärlich und meine Freundin fand sich einige Stunden später in der Wohnung ihres Dates und die Dinge wurden sehr schnell sehr heiß zwischen den beiden ...
Dann gab er ihr plötzlich eine schallende Ohrfeige.
Und noch eine. Die zweite war so fest, dass meine Freundin mit dem Kopf gegen die Wand hinter ihr knallte.
Er dachte, das sei cool.
Er dachte, das hätte "irgendetwas mit BDSM" zu tun.
Das hatte es natürlich nicht.
BDSM beruht zu 100 % auf Konsens. Die Verhaltenscodes und die sexuelle Etikette ist im BDSM so streng und strukturiert wie in keiner anderen sexuellen Interaktion.
Alles, was nicht vor einer Session einvernehmlich festgelegt wurde, ist nicht BDSM.
Es ist Missbrauch.
Was passierte danach?
Zwei Tage später meldete er sich wieder bei ihr und fragte sie, ob sie Lust auf ein weiteres Date hätte. Es kam ihm nicht einmal in den Sinn, das sein Verhalten auch nur in irgendeiner Weise nicht ok gewesen war.
Geschichte 2:
Eine ehemalige Arbeitskollegin fragt mich, ob ich Lust hätte, wieder einmal mit ihr wegzugehen. Natürlich mache ich das gerne.
Wir treffen uns in einem Cafe in der Innenstadt.
Dann beginnt sie mir zu erzählen, dass sie letztens auf Tinder diesen einen tollen Mann kennen gelernt hätte.
Er war nicht nur gutaussehend, sondern auch einfühlsam, gebildet, hatte einen tollen Job und war der perfekte Gentleman.
Meine Freundin hatte ein wunderbares Date mit ihm gehabt, bei dem er sie wie eine Göttin behandelt hatte.
Dann noch ein Date.
Und noch ein tolles Date.
Dann kam eins zum anderen. Die beiden landeten im Bett. Der Sex war toll.
Und dann … spürte sie plötzlich seine Hände um ihren Hals und er begann, sie fest zu würgen. Sie wehrte sich, er hörte sofort damit auf.
„Warum hast du das getan?!“, fragte sie ihn empört.
„Ich dachte du magst das“, entgegenete er achselzuckend.
Er schien sich keiner Schuld bewusst zu sein.
Würgen war doch gerade ein der letzte heiße Scheiß in Pornos. Er hatte ernsthaft angenommen, dass es für meine Freundin auch „heiß“ wäre.
Vor dem Sex mit ihr eine Unterhaltung über Grenzen, Wünsche und Fantasien zu führen, sie nach ihren persönlichen Limits zu fragen, wäre ihm nicht in den Sinn gekommen.
Ebensowenig wie es ihm in den Sinn kam, sich bei meiner Freundin für diese dämliche Aktion zu entschuldigen.
Geschichte 3:
Eine andere Freundin von mir lernte einen Mann auf einer anderen Dating-Plattform kennen. Sie schrieben wochenlang hin und her.
Er entsprach genau ihrem Beute-Schema:
dunkelhaarig, gut gebaut, sportlich
Akademiker mit drei abgeschlossenen Studien
erfolgreich in der Finanzbranche
charmant & ein Gentleman
So weit so gut.
Nach einigen Wochen tauschten die beiden Nummern aus und schrieben auf Whatsapp weiter. Dann lud er sie auf ein Date ein. Er hatte einen Tisch in einem Luxus-Restaurant für sie reserviert.
Meine Freundin schwebte auf Wolke 7 und fieberte dem Tag entgegen.
Drei Tage vor dem Date, schrieb er ihr ein SMS und ließ sie wissen, dass er noch ein paar Dinge von ihr bräuchte, bevor ihr Date stattfinden würde, um sicher zu gehen, dass sie die Richtige sei (denn er wolle etwas "Festes").
Er bräuchte von ihr noch:
Ein Photo von ihrem Hintern, um sicher zu gehen, dass er knackig genug war.
Ein Photo von ihren Zähnen, um sicher zu gehen, dass sie weiß genug waren.
Ein Photo von ihren Oberschenkeln, denn er musste wissen, ob da Cellulite drauf war.
Ein Photo von ihren Brüsten, um sicher zu gehen, dass sie weder zu klein noch zu groß waren.
Ich glaube, er versuchte einfühlsam und nicht wie ein Viehhändler zu wirken, denn er fügte seiner Wunschliste noch den Kommentar hinzu, dass meine Freundin ihm bei den "unbedeckteren" Aufnahmen ja nur das Körperteil an sich schicken könne, so dass ihre Anonymität gewährleistet sei.
Meine Freundin zögerte und fragte ihn stattdessen, ob sie vielleicht doch lieber vor dem Date noch einmal telefonieren könnten.
Er antwortete ihr daraufhin mit einer vorwurfsvollen SMS:
Er hätte nicht mehr telefoniert, seit er 18 war (er war übrigens in seinen 30ern... ) und dass er ihren seltsamen Wunsch nicht nachvollziehen könne. Niemand würde schließlich heute noch telefonieren.
Das geplante Date zwischen den beiden fand nie statt...
Siehst du die beiden hässlichen Themen, die sich hier durchziehen?
Grenzen.
Und: Das Einstehen von uns Frauen für das, was wir WIRKLICH wollen.
Keine dieser Frauen beherrscht die Kunst der Kommunikation mit Männern.
Keiner dieser Männer hat bisher offenbar jemals eine Frau gedatet, die wirklich in ihrem weiblichem Selbstwert sitzt - denn anders lässt sich ihr Verhalten nicht einordnen.
Diese Männer waren keine Narzissten oder Psychopathen - aber ihr Verhalten gegenüber dem Weiblichen ist zutiefst fehlgeleitet und zutiefst degeneriert.
Diese Männer hatten nicht die geringste Ahnung von weiblicher Sinnlichkeit. Sie hatten ein verzerrtes Bild davon, was Frauen wirklich wollen – was zum einen ihrem Pornographiekonsum geschuldet ist und zum anderen der Tatsache, dass die meisten Frauen selbst überhaupt keine verkörperte Erfahrung ihres eigenen Ekstasepotenzials haben.
Niemand bringt uns als Frauen bei, wie wir uns als sinnliche Wesen verorten sollen.
Unsere Mütter haben keine Ahnung oder sind zu verschämt, um uns unter die Arme zu greifen.
Unsere Kultur macht viel zu viel Geld mit unseren Unsicherheiten & Komplexen und versucht aktiv zu verhindern, dass wir die Wahrheit in Erfahrung bringen.
Mein Lieblingszitat, dass die weibliche Kunst, mit Männern umzugehen, auf den Punkt bringt, ist:
„My graciousness is only matched by my ruthlessness.“
(Agnes Michalek)
Das bedeutet:
Wir sind Kätzchen. Wir kommunizieren sanft. Wir respektieren Männer. Immer.
Wir kommandieren sie nicht herum, machen niemals ein Drama, kritisieren sie nicht, kontrollieren sie nicht – aber wir setzen den Ton.
Den Ton für den gesamten Tanz.
Und wenn er uns nicht dort treffen möchte, wo wir mit unseren Standards leben, dann ziehen wir lächelnd und dankend weiter.
Männer verlieben sich in unsere Grenzen.
Männer richten sich nach unseren Standards (und die Standards des kollektiven Weiblichen sind im Moment im Keller – und das tut allen weh ...)
Es ist wirklich so einfach.
Es scheint, dass der Feminismus und die aktuellen Ideologien rund um weibliches Empowerment, sexuelle "Befreiung" und der Hype um unsere Unabhängigkeit uns in eine weitere Sackgasse getrieben hätte.
Denn der unglaubliche Körper:Frau wird weder gesehen noch verstanden.
Er wird nicht gefühlt und er wird nicht wahr:genommen.
Weder von Männern, noch von Frauen selbst.
Es scheint fast so, als hätten wir den Körper:Frau aus dem Kollektiv gestohlen und zu den anderen Leichen im Keller des gesellschaftlichen Schattens verbannt.
Ein weiteres Problem ist, dass Frauen aus ihren Erfahrungen mit Männern lernen, was Sex ist und wie es ist, Sex zu haben. Diese Männer wiederum entnehmen die meisten Hinweise dessen, was Sex ist aus Pornos.
Und dann wundern wir uns, warum die Kluft zwischen Männern und Frauen immer größer wird. Warum immer mehr Beziehungen und Ehen auseinander gehen.
Ich schreibe Dir all das nicht, weil ich Männer oder Frauen für dieses Verhalten verurteile.
Ich schreibe Dir all das, weil diese Geschichten für mich eines offensichtlich machen:
Den Grad an Selbsthass und Selbstverachtung, den Frauen in unserer Gesellschaft so tief verinnerlicht haben, dass niemand ihn mehr zu registrieren scheint.
Die Entfremdung – von Frauen UND Männern – vom unglaublichen, ekstatischen KÖRPER, der Frau ist.
Ein vollständiges Fehlen von Verständnis dessen, was Sex ist. Oder sein kann, wenn ein Mann die Kunst echter Penetration meistert: seine Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit ganz auf die Frau zu legen, sie mit seiner inneren Stille zu umhüllen und in seiner Präsenz zu halten – ohne irgendetwas von ihr zu wollen, ohne zu versuchen, sie irgendwie zu beschleunigen, ohne zu „arbeiten“ um ihr irgendeine Reaktion zu entlocken.
Diese Meisterschaft ist die Medizin des Männlichen. Und genau danach sind Frauen heute so ausgehungert wie nie zuvor. Unser Sex ist ausgedünnt. Weil ihm diese vitale, essenzielle Komponente fehlt.
Ganz egal, ob Du ein Mann oder eine Frau bist – wenn Du das hier liest, dann wünsche ich Dir von ganzen Herzen, dass Du Dich nie wieder für weniger als diese Art von Ekstase hergibst.
Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass du sie in Erfahrung bringst – wie sie wirklich ist.
Und, dass du von ihm gehalten wirst – in seiner ganzen Stille, Tiefe & inneren Weite.
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